happy.feet - Barfuß am Prälatensteig
Bei nur 6 Grad, tiefer Himmelsgräue und nieselnden Nebeln, über bössteinige Karrenwege, auf nassem Gewurzel, durch triefend tropfende Gräser, in bis zu den Hosentaschen sich nass saugenden Beinkleidern, versinkend in sumpfweichen Moospolstern, gelegentich rotbraunes Buchenlaub zerraschelnd ... unterwegs: barfuß am Prälatensteig.
happy.feet #1 - auf bemostem Baumstumpf mit Steinmann
happy.feet #2 - Farben hinter dem Grau
Ganz schmal ist der erdige Pfad und mit rotbraunem Buchenlaub bedeckt. Rechts des bemoosten Baumstumpfs am unteren Bildrand führt er weiter, zur Bildmitte hin breiter werdend, aber immer noch konturlos, um schließlich in einem weiten rechts-links-Bogen hinten im grauen Hochwald zu verschwinden. Es ist sehr beeindruckend und wunderschön, wie intensiv die Farben im Detail sind - vorne der kleine Baumstumpf zum Beispiel. Vom Tal aus sah ich nur triste, wenig einladend wirkende Steilhänge, die sich in den tief hängenden Wolken verloren. Rot. Grün. Grau. Eine minimalistische Farbauswahl. Und doch ... Wie gut, dass ich mich aufraffen konnte - barfuß am Prälatensteig.
happy.feet #3 - zugewachsen
Eine längere Hangquerung über kaum zu sehende, weil mit oft brusthohen Gräsern
zugewachsene, Trittspuren. Den Pfad wiederzufinden, den ich vom trockenen Frühsommer
und mit Schuhen an den Füßen in Erinnerung habe, erfordert häufige Stopps zur Orientierung.
Bis zu den Hosentaschen sind meine Beine inzwischen patschnass - ich hatte zuhause
nicht daran gedacht, die wasserabweisende Outdoorhose anzuziehen. Mit derart hohen
und tropfend nassen Gräsern hatte ich überhaupt nicht gerechnet.
Die Füße sind von der ständigen Nässe auch schon ziemlich aufgeweicht und eiskalt.
Ich beuge und strecke bei jedem Schritt ganz schnell mehrmals kraftvoll die Zehen,
um die Durchblutung anzuregen. Dennoch kommen sie in dieser Nässe nicht auf eine
angenehme Betriebstemperatur.
Ein Spruch schießt mir in den Sinn: "Qualität kommt von Qual!"
... scheint was dran zu sein - barfuß am Prälatensteig.
happy.feet #4 - wunschlos
Die unter hohen, sehr nassen Herbstgräsern verborgenen Pfadspuren
führen mich leicht ansteigend durch den Hang. Aus dem Nebel steigt
vor mir eine sehr schlanke und sehr dichte Fichte auf. Wie eine Säule
wächst sie aus dem goldbraunen Gräsermeer empor.
Wundervoll weich streuendes Licht ... wie ein beinahe zerfließendes Aquarell,
denke ich mir und erkenne: Mir geht es wunderbar! Mir fehlt nichts!
Wunschlos bin ich hier und jetzt - barfuß am Prälatensteig.
happy.feet #5 - Alles im grünen Bereich
Zwei Stunden bin ich bereits unterwegs, bis endlich, endlich die Füße wärmer werden:
Das Gefühl an den eiskalten Zehen kehrt zurück ... ich schaue runter und sehe .... Blut!
Im ersten Moment sieht es so aus, als hätte ich mir gerade eine nicht geringe,
gebogen über den zweiten Zeh laufende Schnittverletzung geholt. Da ich nichts spüre
vermute ich, dass der Zeh gefühllos geworden und geblieben ist. Es stellt sich aber
gleich heraus, dass der vermutete Schnitt, diese gebogene Linie am zweiten Zeh,
nur ein ziemlich dunkler Halm ist, der über dem Zeh liegt. Auch auf der Fußunterseite
ist keine Verletzung zu sehen, also wische ich die Fußoberseite einfach an einem Grasbüschel
sauber. Nach einigen Minuten ist dort wieder ein wenig Blut, aber nichts schmerzt und -
wie ich feststelle - ist der Zeh auch nicht gefühllos.
Des Rätsels Lösung erkenne ich später: Ein hauchfeiner Schnitt (ein "Schnittlein"!)
auf der Oberseite des Zehs entstand vermutlich beim Queren des Hangs mit den hohen Gräsern.
Immer wieder wickelten sich die langen Halme beim Drauftreten um den jeweils anderen Fuß,
der sich beim nächsten Schritt etwas schwungvoll aus der Fessel löste. Dabei wird wohl
einer der scharfen Ränder der Halme meinen Zeh geritzt haben.
Alles im grünen Berich also - barfuß am Prälatensteig.
happy.feet #6 - Sohle mio
Sehr angenehm ist dieser Pfadabschnitt, der im Vergleich zum Bisherigen
vergleichsweise "trocken" ist: Erdiger Waldboden, darauf eine Krümelschicht
des in den Vorjahren verwitterten Herbstlaubs. Einzelne Zweiglein und Halme
dazwischen und ganz oben frisch gefallene Blätter dieser Jahreszeit.
Was soll ich sagen? Genuss pur beim Gehen, Fußreflexzonenmassage
vom Feinsten, ein wirklich sinnliches Erlebnis für die Sohlen
und auch die Seele strahlt ... oder wie der Italiener zu singen pflegt:
"O Sohle mio" - barfuß am Prälatensteig.
< = >